Am 17.06.2010 diskutierte KOP gemeinsam mit Heiner Busch, Redakteur und Autor der CILIP, Möglichkeiten zur Kontrolle polizeilicher Praxis.
Gefördert wurde die Veranstaltung durch das Bildungswerk Berlin der Heinrich Böll Stiftung, finanziert aus Mitteln der Deutschen Klassenlotterie. Der Migrationsrat stellte uns freundlicherweise einen Raum zur Verfügung.
Obwohl die Frage nach einer angemessenen Kontrolle polizeilicher Praxis seit Jahrzehnten gestellt wird, konnte KOP sich bisher zu keiner gemeinsamen Forderung durchringen. Zu groß die Angst, institutionelle Einrichtungen könnten mehr Schaden anrichten, als sie helfen, zu offensichtlich aber auch die fehlende und vor allem nachhaltige Wirksamkeit von Protesten auf der Straße.
So luden wir Heiner Busch und viele Interessierte ein, gemeinsam mit uns die vorhandenen Konzepte zu diskutieren. Heiner Busch zeigte sich im Rahmen seiner Analyse zur Arbeit der Hamburger Polizeikommission ernüchtert: die absolut unzureichende personelle und finanzielle Ausstattung der Institution, ihre Angebundenheit an das Innenministerium und ihre existenzielle Abhängigkeit von politischen Konstellationen im Land seien Faktoren, die eine wirksame Arbeit verhinderten. Allerdings müsse man durchaus anerkennen, dass das Engagement der Mitarbeiter die Arbeit der Kommission positiv prägte und auch ihre eingeräumten Befugnisse Grund zur Hoffnung gewesen seien. So konnte die Kommission beispielsweise unangekündigt alle Hamburger Polizeiwachen besuchen und den Einblick sowohl in polizeiliche, als auch, in umfänglichem Maße, in staatsanwaltschaftliche Akten verlangen. Nichts desto trotz hätte die Kommission keine Chance gehabt, da Politik, Polizeilobby und auch Presse gegen sie gearbeitet hätten. Ähnlich kritisch betrachtete Heiner Busch auch die Konzepte der Ombudsmänner oder –frauen oder das einer Beauftragtenstelle.
Am Ende hänge eine wirksame Instanz ab von einer ihr vorangegangenen Mobilisierung zum Thema. Einig sei man sich darin, dass die Arbeit der Polizei immer wieder und so breit wie möglich beobachtet werden müsse, sei es durch erfahrene und bestenfalls internationale Prozessbeobachtung, die Dokumentation der Erfahrungen von Betroffenen und die Solidarisierung mit ihnen, sowie die breite Sensibilisierung für das Thema, um insgesamt die Bereitschaft zur Intervention und Zeugenschaft bei den Menschen zu erhöhen.
Einen Beweis für den Bedarf einer Kontrolle lieferten starke Redebeiträge eines Mitglieds der Oury Jalloh Initiative, der die Wichtigkeit des breiten und kontinuierlichen Protest auf der Straße nochmals betonte, sowie eines Angehörigen des am Silvesterabend 2008 durch einen Polizeibeamten getöteten Dennis aus Neukölln. Er beschrieb die weitreichenden Unzulänglichkeiten in der juristischen Aufarbeitung polizeilichen Fehlverhaltens im aktuellen Prozess, die von verheimlichten Vorabsprachen über gefälschte Polizeiprotokolle vieles zu bieten hatte. Mehrere Redebeiträge im Publikum gingen noch einmal auf die Einbindung und Rolle der Presse ein, sowie auf die Notwendigkeit, eine Zusammenarbeit mit den Betroffenen zu finden.
Das Fazit lautet: ein demokratisches Gesellschaftsprinzip muss eine Kontrolle exekutiver Gewalt gewährleisten. Ob diese Kontrolle allerdings von Menschen in ihren Netzwerken ausgeht oder von einer institutionalisierten Instanz, kann nicht beantwortet werden. Schlussendlich wäre ein „sowohl-als-auch“ möglicherweise im Effekt wirksamer, als ein „entweder-oder“.