13. November 2012
Sie wissen, dass dieses Revisionsverfahren das Resultat eines langanthaltenden Kampfes der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh ist, die Wahrheit ûber die Brand- und Todesursache von Oury Jalloh zu erfahren. Wir halten die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft für die Aufklärung der Ereignisse am 07.01.2005 in der PD Dessau-Roßlau für absolut nicht ausreichend, da sie auf der Annahme beruht, dass Oury Jalloh sich selbst angezûndet hat. Im Laufe des Revisionsverfahrens hat sich nach und nach herausgestellt, dass vom damaligen Innenministerium entsprechende Ermittlungsausrichtungen vorgegeben wurden. Die Arbeit der ermittelnden Kriminalpolizei Stendal sowie die, der zuständigen Sachverständigen, orientierte sich daran und wurde dadurch gezielt in Richtung Selbstmordthese gelenkt. Gleichzeitig unterstellen wir den entsprechenden Mitarbeitern Ihres Ministeriums, sich hinsichtlich dieser Vorgabe mit der ermittelnden Staatsanwaltschaft und der
damaligen Polizeiführung abgestimmt zu haben. Durch Aussagen der zuständigen Kripobeamten ist offenkundig geworden, dass das Innenministerium die Selbstentzûndungsthese nur wenige Stunden nach dem Tod von Oury Jalloh als einzig mögliche Variante der Todesursache von Oury Jalloh vorgegeben hat. Daher
werfen wir den damaligen Mitarbeitern Ihres Ministeriums vor, gezielt an einer Vertuschung des Mordes an Oury Jalloh mitgewirkt zu haben. Dass dies keine abwegige Behauptung ist, beweisen eine Reihe von Polizeiskandalen im Laufe der letzten 10 Jahre: Im Mai 2007 hatte der damalige Polizeidirektor Hans-Christoph Glombitza versucht, drei erfolgreiche Staatsschûtzer, zuständig im Bereich Rechtsextremismus, auszubremsen. In einem vertraulichen Gespräch teilte er ihnen mit,
dass niemand ûber die Ergebnisse ihrer engagierten und innovativen Arbeit glûcklich sei. Schliesslich hatte ihr, scheinbar ungewõhnlicher Arbeitseifer nicht nur in Glombitzas Augen dazu gefûhrt, dass Sachsen-Anhalt die Statistik rechtsextremer Gewaltaten im Bundesvergleich anfûhrte. „Niemand ist damit glûcklich. Wir nicht, das LKA nicht, das Land nicht.”, erklärte Glombitza dem Untersuchungsausschuss. Aufgrund ihrer õffentlichen Stellungsnahme zu den internen Vorgängen im Polizeiapparat Sachsen-Anhalt, wurden die drei Staatsschûtzer versetzt.
„Nirgends wurde soviel gelogen wie im Untersuchungsausschuss!”, sagte ein damaliges Mitglied des Untersuchsausschusses hinter vorgehaltener Hand. Andere personelle Konsequenzen wurden trotzdem nicht gezogen. Zudem wurde einer der drei betroffenen Staatsschützer im Auftrag Ihres Ministeriums hinsichtlich seiner Aussagen zum Tod von Oury Jalloh bespitzelt. Swen Ennullat hatte sich kritisch gegenüber den Vorgängen am 07. Januar 2005 in Dessau geäussert. Insbesondere
kritisierte er den starken Korpsgeist innerhalb des Polizeiapparates, der eine Aufklärung der Todesursache von Oury Jalloh verunmöglicht. Was fûr einen Aufwand betreibt Ihr Ministerium da, um kritische Stimmen in Bezug auf die Arbeit der Polizei ausfindig zu machen und wenn mõglich strafrechtlich verfolgen zu lassen, wenn sie nichts zu verbergen hat? Manipulierte Statistiken im Jahr 2007 sollten das Image von Sachen-Anhalt wieder aufwerten. Der damalige Innenminister Hõvelmann
hatte zwischenzeitlich eine Kampagne gegen Rechts gestartet. Als Erfolg seiner Initiative wurde ein starkes Absinken der Zahlen rechtsextremer Straftaten angeführt. Wie sich später herausstellte, waren diese Zahlen durch das LKA bewusst manipuliert worden. Hövelmann wollte davon nichts gewußt haben. Es kommt noch schlimmer. Nicht nur Swen Ennullat wurde aufgrund seiner Zweifel an der Selbstmordthese im Fall Oury Jalloh von ihrem Ministerium bespitzelt. Im Jahr 2010 wird bekannt, dass unter Anweisung der damaligen Polizeipräsidentin Brigitte Scherber-Schmidt die elektronische Post von 400 Dessauer Polizeibeamten gespeichert
wurde. Auffällig ist, dass die Datenspeicherung kurz vor dem Beginn des ersten Prozesses um den Tod Oury Jalloh vor dem Dessauer Landgericht (2007/2008) erfolgt war. Scherber-Schmidt begründete diese Maßnahme damit, offene Fragen hinsichtlich der strafversetzten Staatsschützer aufklären zu wollen. Wurde hier im gleichen Atemzug die interne Kommunikation der Dessauer Polizeibeamten bezüglich ihrer Aussagen im Verfahren überwacht?
Wir kritisieren das Innenministerium von Sachsen-Anhalt aufs schärfste, weil es eine einseitige Ausrichtung der Ermittlungen Fall Oury Jalloh zu verantworten hat. Es ist absolut nicht nachvollziehbar, wie sich Oury Jalloh, obwohl er auf einer feuerfesten Matratze fixiert worden war, selbst angezûndet haben soll. Ihre Bemûhungen zu beweisen, dass sowas mõglich ist, konnten weder die interessierte Õffentlichkeit noch den Bundesgerichtshof ûberzeugen. Vielmehr sprechen die Beweise dafür,
dass am 07. Januar 2005 kein Feuerzeug in der Zelle 5 war. Wir sind überzeugt, dass auch in diesem Verfahren vor dem Magdeburger Landgericht die politischen Interessenlagen des Innenministeriums dahingehend ausgerichtet sind, den schlechten Ruf, den Sachsen-Anhalt ohnehin schon hat, nicht entgültig zu zerstören. Es ist ein Sonderfall das in Deutschland Polizisten auf der Anklagebank sitzen und es ist keinesfalls in Ihrem Interesse, den Mord an Oury Jalloh aufzudecken! Damit verschleiern Sie einmal mehr die rassistischen Tendenzen in Ihrem Polizeiapparat und decken selbst die Polizisten, die auch vor Folter und Mord nicht zurückschrecken.
Je offensichtlicher die Vertuschung, desto größer würde der Imageschaden: Brechen Sie jetzt das Schweigen! Wir fordern Sie auf, die Manipulationen, die von den
Mitarbeitern Ihres Ministeriums im Fall Oury Jalloh unternommen wurden, aufzuklären!
Oury Jalloh – Das was MORD!