„Ich weiß jetzt mehr als je zuvor: niemals aufgeben, niemals die Hoffnung aufgeben“ (Zaman Gate, Witwe von Hussam Fadl, nachdem sie von der positiven Entscheidung über ihr Klageerzwingungsgesuch
erfuhr)
Am 27.9.2016 wurde Hussam Fadl, Flüchtling aus dem Irak, bei einem Polizeieinsatz auf dem Gelände einer Flüchtlingsunterkunft in Berlin von hinten erschossen. Den Angaben der Berliner Polizei zufolge sei Hussam Fadl zum Zeitpunkt seines Todes mit einem Messer bewaffnet gewesen und seine Erschießung aus Notwehr erfolgt. Dieser Darstellung folgend stellte die Berliner Staatsanwaltschaft im Mai 2017 und die Generalstaatsanwaltschaft Berlin im September 2017 die Ermittlungen mit Verweis auf Notwehr und Nothilfe ein.
Jetzt hat das Berliner Kammergericht auf Antrag der Witwe diese Einstellungsbescheide aufgehoben. Die Staatsanwaltschaft wurde angewiesen, die Ermittlungen zur Aufklärung des Sachverhalts fortzusetzen. Das ist ein wichtiger Teilerfolg auf dem Weg der lückenlosen Aufklärung der Erschießung von Hussam Fadl. Und es ist ein seltener Teilerfolg: Klageerzwingungsverfahren sind aufwändig und haben i.d.R. wenig Aussicht auf Erfolg. Biplab Basu, Opferberater bei ReachOut und Teil der Kampagne „Gerechtigkeit für Hussam Fadl“, sagt, in seiner18-jährigen Tätigkeit in der Opferberatungsstelle sei dies erst das zweite Klageerzwingungsgesuch, das positiv entschieden wurde. Es wird zwar noch keine Anklage gegen die beschuldigten Polizisten erhoben, aber die Ermittlungen müssen wieder aufgenommen werden.
Das Kammergericht zeigt verschiedene Widersprüche in den bisherigen Ermittlungen auf und bezweifelt, dass die Ermittlungen sorgfältig geführt wurden. Es muss weiter ermittelt werden, weil die Umstände, die zum Schusswaffeneinsatz der Polizei geführt haben unzureichend aufgeklärt worden sind; die Notwehr bzw. Nothilfesituation für die Polizisten nach dem jetzigen Stand der Ermittlung nicht eindeutig gegeben war; weil die Frage nach der Verhältnismäßigkeit nicht geklärt ist und weil nach den bisherigen Ermittlungen nicht feststeht, ob Hussam Fadl mit einem Messer bewaffnet war (auf dem angeblich am Tatort gesicherten Messer konnten keine Spuren von Hussam Fadl festgestellt werden).
Die Kampagne „Gerechtigkeit für Hussam Fadl“ begrüßt die Entscheidung des Kammergerichts. Und unterstreicht ihre Forderungen:
* Lückenlose Aufklärung der Erschießung von Hussam Fadl!
* Einsetzung einer anderen Staatsanwaltschaft!
* Anklageerhebung der Staatsanwaltschaft und ein Strafverfahren gegen die Polizeibeamten, die auf Hussam Fadl geschossen haben!
* Die sofortige Suspendierung der beschuldigten Polizisten!
Pressekontakt: Biplab Basu | Mail: biplab_basu@reachoutberlin.de |Telefon: 01795441790
Kampagne „Gerechtigkeit für Hussam Fadl“: KOP – Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt, ReachOut – Opferberatungsstelle, Flüchtlingsrat Berlin, Familie und Freund*innen
ReachOut Beratungsstelle für Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt || KOP-Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt, Beusselstr. 35,10553 Berlin
Flüchtlingsrat Berlin e.V., Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin, Tel: (030) 22 47 63 11, Fax: (030) 22 47 63 12, buero@fluechtlingsrat-berlin.de, www.fluechtlingsrat-berlin.de
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Zum Klageerzwingungsverfahren Deutschlandradio
http://www.deutschlandfunkkultur.de/wende-im-fall-des-getoeteten-fluechtlings-hussam-fadl-ich.976.de.html?dram:article_id=418951