suburban.zeitschrift für kritische stadtforschung | Moritz Rinn, Jan Wehrheim, Lena Wiese | https://zeitschrift-suburban.de/sys/index.php/suburban/article/view/556/754
18. Juni, Essen-Altendorf
Am frühen Morgen des 18. Juni 2019 wird Adel B. im Eingangsbereich seines Wohnhauses in Essen-Altendorf von einem Polizisten der Kreispolizeidirektion Essen erschossen. Zuvor hatte der 32-Jährige bei der lokalen Polizeibehörde angerufen und angekündigt, sich das Leben nehmen zu wollen. Nachdem er zu Fuß und mit einem Messer in der Hand durch den Stadtteil gelaufen war, im Disput mit Polizist*innen, die ihn mit gezogenen Waffen verfolgten, geht er schließlich nach Hause. Als er mit seiner Lebensgefährtin telefonierend das Mehrparteienhaus betritt, stürmen die Polizist*innen hinter ihm her, einer von ihnen feuert einen Schuss ab, der Adel B. durch die Haustür hindurch in den Oberkörper trifft. Adel B. verblutet noch vor Ort. In den ersten Presseverlautbarungen der Polizei ist davon die Rede, dass er vor seiner Wohnung mit dem Messer auf die Polizist*innen losgestürmt sei. Diese Darstellung ist falsch, widerlegt auch durch ein vielbeachtetes Handyvideo (vgl. Pesch 2019a). Ein Nachbar hatte den Einsatz aus seiner Wohnung heraus gefilmt und das Video anschließend veröffentlicht. Im August demonstrieren gut 80 Leute durch Altendorf und fordern „Gerechtigkeit für Adel“. Drei Monate später werden die polizeiinternen Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft eingestellt. Der Polizist habe einer akut bedrohten Kollegin Nothilfe geleistet. Eine Debatte über den Tod von Adel B. findet in der stadtpolitischen Öffentlichkeit kaum statt. Abgeschlossen ist der ‚Fall‘ damit jedoch noch nicht. Adel B.s Mutter kündigt an, juristisch gegen diese Entscheidung vorzugehen und auch eine lokale Initiative formiert sich, die Aufklärung und Gerechtigkeit fordert. weiterlesen