Frankfurt, 22. Oktober 2014
Zwei Jahre hat es gedauert. Nun wird der Fall von Derege Wevelsieps vor Gericht verhandelt. Körperverletzung im Amt und Beleidigung lautet die Anklage gegen einen der vier Polizisten. Die Anzeige gegen die übrigen drei wegen Hausfriedensbruchs, Nötigung und Freiheitsberaubung wurde fallengelassen, weil die Staatsanwaltschaft keinen Tatverdacht sah. Da Wevelsiep sich nicht habe ausweisen konnte, hätte die Polizei ihn in seine Wohnung bringen dürfen, um seine Identität festzustellen. „Diese Vorgänge müssen aufgeklärt werden“, sagt ISD-Vorstandsmitglied Tahir Della.
Was ist passiert? Am 17. Oktober 2012 steigt Wevelsiep mit seiner Verlobten und dem gemeinsamen Kind in die U-Bahn. Bei einer Kontrolle zeigt Wevelsiep seine Monatskarte vor. Seine Verlobte darf kostenlos mitfahren, der Sohn ist unter drei Jahren alt und muss nicht zahlen. Der Diplom-Ingenieur steigt aus und gibt seiner Partnerin die Monatskarte, die weiterfährt. Wenig später ruft sie ihn an, weil ihr vorgeworfen wird, ohne Ticket gefahren zu sein. Als Wevelsiep die Station erreicht, wird seine Verlobte von vier Kontrolleuren umringt. Als der Satz „Ihr seid hier nicht in Afrika“ fällt, eskaliert die Situation.
Die Polizei wird gerufen. Sie will Wevelsieps Ausweis sehen, der nur seinen Firmenausweis bei sich hat. Er wird an die Wand gedrückt und auf die Straße gezerrt. Auf dem Weg nach Hause schlägt einer der Polizisten ihm mit der Faust ins Gesicht, gegen die Brust und in die Niere, tritt ihm gegen das Knie. Seine Verlobte findet ihn später bewusstlos auf dem Boden in seiner Wohnung. Für drei Tage muss er in eine Klinik. Polizeibeamte kommen, um seine Aussage aufzunehmen, werden ungehalten und auf Druck des Geschäftsführers des Sankt Katharinen-Krankenhauses verwiesen. Am 8. November 2012 ziehen mehrere Tausend Frankfurterinnen und Frankfurter durch die Innenstadt, um gegen Polizeigewalt im Allgemeinen und die Gewalt gegen Wevelsiep im Speziellen zu demonstrieren. Die Frankfurter Rundschau berichtete ausführlich über den Fall.
Die ISD hofft nun auf eine lückenlose und gerechte Aufklärung dieses Falls, bei denen bereits geführte Debatten, ob Wevelsiep den Kontrolleuren oder der Polizisten gegenüber frech gewesen sei oder das Ticket wirklich Gültigkeit besessen habe, keine Rolle spielen sollten. Denn fest steht: Wevelsiep wurde
im Polizeiobhut verprügelt.
Derege Wevelsieps Geschichte ist für die ISD kein Einzelfall. Mit der Kampagne „Stop Racial Profiling“ macht der Verein seit mehreren Jahren auf strukturellen Rassismus in der Polizeiarbeit aufmerksam. „Die Methoden des Racial Profiling sind vielfältig“, sagt ISD-Vorstandsmitglied Della. Gemein sei ihnen, dass sie Schwarze Menschen und People of Colour unter Generalverdacht stellten – zum Teil mit fatalen Folgen.
Als Ansprechpartnerin unterstützt die ISD in Kooperation mit anderen Vereinen und Unterstützer_innen den Kläger am 30. Oktober und 6. November 2014. Start der Verhandlung ist 10:30 Uhr, Hammelgasse 1, Saal 11_E, 1.OG.
Bei Rückfragen:
Tahir Della und Hadija Haruna für ISD: 0157 – 79013125
Infos über die rechtlichen Hintergründe zu Racial Profiling vom Anwalt Sven Adam: 0179 – 6837317
Neben interner Vernetzung und gemeinschaftlichen Aktion vertritt die ISD die Interessen von Schwarzen Menschen in Gesellschaft und Politik. Informationen unter: http://isdonline.de/.
weitere Informationen
Ausführliche Infos zu den Geschehnissen am 17. Oktober 2012 und dem Verhandlungstand findet ihr hier: http://www.fr-online.de/vorwuerfe-gegen-polizei/anklage-im-fall-wevelsiep-drei-schlaege–zwei-tritte,20810664,26612908.html
Erster Artikel vom Oktober 2013: http://www.fr-online.de/vorwuerfe-gegen-polizei/fall-wevelsiep-rassismus-derege-wevelsiep-wartet,20810664,24650348.html