Die nachfolgend beschriebenen Tatsachen bilden keinen Einzelfall. Viele Menschen, die von KOP unterstützt werden, erleben Ähnliches: Mit merkwürdigen Argumenten werden gegen Prügel-Polizist_innen Ermittlungsverfahren von der Berliner Staatsanwaltschaft eingestellt. Dem gegenüber bekommen die Opfer von rassistischer Polizeigewalt aufwendig vorbereitete Strafverfahren und am Ende sogar Strafe. Wir fragen nicht mehr: Ist das eine Komplizenschaft zwischen der Staatsanwaltschaft, Richterschaft und der Polizei im bundesdeutschen Strafjustizsystem? Wir sagen: Das ist so!
Rechtsanwalt Claus Förster
Fachanwalt für Sozialrecht
Fachanwalt für Strafrecht
Haus der Demokratie und Menschenrechte
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10405 Berlin
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Bürogemeinschaft mit Rechtsanwalt Hans-Eberhard Schultz
Pressemitteilung
Staatsanwaltschaft Berlin stellt trotz Video- und Zeugenbeweisen Ermittlungsverfahren gegen Polizeibeamten nach Prügelattacke am 1. Mai 2009 ein Beschwerde bei der Generalstaatsanwaltschaft erhoben
Am 1. Mai 2009 wurde der damals 37 Jahre alte Polizeiobermeister Roger G. von einem unbeteiligten Zeugen dabei gesehen, als er meinem Mandanten fünf Mal mit der Faust in den Magen schlug, so dass dieser sich krümmte und zu Boden fiel. Auch im Internet tauchte ein Video auf, auf dem Schläge von Roger G. zu sehen waren.
Mein Mandant wurde damals festgenommen, weil Roger G. ihn dabei gesehen haben wollte, wie er einen Pflastersein auf einen Polizeibeamten geworfen haben wollte. Aufgrund der Beschuldigung des Roger G. erließ das Amtsgericht Tiergarten einen Haftbefehl gegen meinen Mandanten. Am 2. Mai 2009 wurde er unter Aufrechterhaltung des Haftbefehls von der Haft verschont.
Trotz mehrerer Zeugenaussagen und des Videos erhob die Staatsanwaltschaft nicht etwa gegen Roger G. Anklage wegen Körperverletzung im Amt, sondern allein aufgrund der Beschuldigung des Roger G. Anklage gegen meinen Mandanten wegen besonders schweren Landfriedensbruchs, besonders schweren Widerstands und gefährlicher Körperverletzung. Trotz der eindeutigen Beweismittel drohte die Staatsanwaltschaft sogar zwischenzeitlich, das Verfahren einzustellen. Mehrfache Aufforderungen an die Staatsanwaltschaft, das Verfahren zu voranzubringen, blieben ohne Erfolg.
Im Verfahren gegen meinen Mandanten wurde der Haftbefehl am 07.08.2012 aufgehoben. In der Hauptverhandlung vom 12.06.2013 wurde mein Mandant auf den übereinstimmenden Antrag aller Verfahrensbeteiligten freigesprochen. Das Urteil wurde am 20.06.2013 rechtskräftig.
Auch das konnte die Staatsanwaltschaft nicht dazu bewegen, ihre Verschleppung des Verfahrens gegen Roger G. zu beenden. Mit Bescheid vom 18.10.2013 hat nun Staatsanwalt Laub von der Staatsanwaltschaft Berlin das Verfahren eingestellt. Zur Begründung führte er an, die Aussage meines Mandanten sei unglaubwürdig, weil auf dem vorliegenden Video nicht fünf, sondern lediglich zwei Schläge von Roger G. zu sehen seien. Dabei hat er es nicht einmal für nötig gehalten, die Akte des Verfahrens gegen meinen Mandanten mit dem Protokoll der gegen ihn geführten Hauptverhandlung beizuziehen. Diesem hätte er entnehmen können, dass die Behauptungen des Roger G. durch die Zeugenvernehmungen widerlegt worden waren. Als Strafverteidiger, der öfter Demonstranten in ähnlichen Situationen verteidigt, stelle ich mir die Frage, ob ein übereifriger Staatsanwalt mit dieser skandalösen Entscheidung verhindern wollte, dass ein Prügel-Polizist in einem weiteren skandalösen Fall verurteilt wird und damit die ohne hin nicht mehr weiße Weste bestimmter Polizeieinheiten, die bei Demonstrationen eingesetzt werden, noch mehr Flecken bekommt.
Heute habe ich für meinen Mandanten die Beschwerde bei der Generalstaatsanwaltschaft Berlin gegen die Einstellung begründet. Wir erhoffen uns, dass nach Aufhebung des Einstellungsbeschlusses so bald wie möglich Anklage erhoben wird.
Für Nachfragen stehe ich unter der o. g. Rufnummer zur Verfügung.