Das Koblenzer Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 28.02.2012 die Kontrolle von Personen nach phänotypischen Merkmalen als rechtmäßige Praxis erklärt. Dies wurde Gestern in einer Pressemitteilung der VG Koblenz veröffentlicht. Somit wurde die Existenz der rassistischen Praxis des „Racial Profiling“ in Deutschland nunmehr gerichtlich eingestanden und im gleichen Atemzug legitimiert. (vgl. http://www.kostenlose-urteile.de/Urteil13246)
Konkret ging es um den klassischen Fall der „verdachtsunabhängigen Kontrolle“ der Bundespolizei auf einer Zugstrecke der Deutschen Bahn. Der betroffene Bahnreisende hatte eine Klage gegen zwei Bundespolizist_innen eingereicht, da er sich durch die gegen ihn gerichtete Kontrolle, Durchsuchung und Abführung rassistisch behandelt fühlte. Das Verwaltungsgericht Koblenz wies seine Klage zurück mit der Begründung, dass bei Kontrollen, die der Verhinderung der „illegalen Einreise“ von Personen nach Deutschland dienten, das „äußere Erscheinungsbild“ als Auswahlkriterium hinzugezogen werden könnte.
Es handele sich hierbei um eine Kontrolle, die einer „grenzpolizeiliche Erfahrung“ zugrunde liege. „Dieser Begriff ist eine Verschleierung für Kontrollen anhand des Aussehens der Bahnreisenden“, so Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE in ihrer gestrigen Rede im Bundestag.
Dieses Urteil ist nicht nur ein Freischein für die Deutsche Polizei ihre rassistischen Kontrollen ungehindert weiterzuführen, sie gibt ihnen damit auch eine juristische Basis auf die sich Beamte im Zweifelsfalle (wie z.B. bei einer Klage) berufen können. Zusätzlich werden rassistische Denkmuster in der Polizei und der weißen deutschen Mehrheitsgesellschaft genährt und potenziert. Dieser Fall zeigt deutlich, dass rassistische Einstellungen nur im Schoß von Institutionen, Gesetzen, Richtersprüchen und vermeintlichen Wissenschaftstexten gedeihen und als Wirklichkeit praktiziert werden kann.
Seit ihrer Gründung unterstützt die Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt von „Racial Profiling“ Betroffene und versucht mit diesen juristisch gegen diese in den USA und Großbritannien verbotene und in Deutschland bis heute verleugnete, polizeiliche Praxis vorzugehen. Sie sieht das Urteil aus Koblenz als weiteren Beweis für die Grenzenlosigkeit des institutionellen Rassismus in der Bundesrepublik. Gleichzeitig jedoch sieht sie in der Entscheidung auch eine Chance endlich den Verschleierungs- und Verleugnungsversuchen in den Debatten zum Thema „rassistische Kontrollen durch die Polizei“ zu entkommen.